Als Kalk 1881 Stadtrechte erhielt, gab es bereits das 1877 errichtete Rathaus an der Kalker Hauptstraße. Mit der Eingemeindung nach Köln 1910 erhielt dieses Gebäude neue Funktionen als Sitz der Kölner Baubehörde, des Standesamtes und der Wohlfahrtsstelle. Ein Bombenangriff beschädigte das Haus 1943 schwer, nach dem Krieg konnte es nur notdürftig instandgesetzt werden. Anfang der 1950er Jahre fiel die Entscheidung für den Abriss. Die Kommunalreform von 1975 mit der Aufwertung Kalks zum eigenständigen Stadtbezirk wurde zum Ausgangspunkt für die Planung eines neuen Bezirksrathauses, für das sich Gottfried Böhm mit seinem Entwurf im Wettbewerb durchsetzte.
Der 1986 begonnene Bau konnte 1992 in Nutzung genommen werden. Neben den Verwaltungsfunktionen (Bezirksrathaus und Bezirksvertretung) nahm er auch eine Stadtteilbibliothek und eine Außenstelle der Volkshochschule auf. Die Stadtteilbibliothek wurde durch den Architekten Aat Vos ab August 2017 umgestaltet und im September 2018 wiedereröffnet. Diese Neugestaltung hat die Nutzbarkeit erweitert und die Anziehungskraft des Ortes nochmals gesteigert.
Die städtebaulich wenig attraktive Umgebung besaß vor dem Rathausbau als gestalterische Höhepunkte nur die neugotische Marienkirche, die Vinzenz Statz 1867 fertiggestellt hatte und die von Rudolf Schwarz in den 1950er Jahren wiederaufgebaut und neugestaltet wurde, außerdem, ebenfalls von Schwarz geplant, die benachbarte 1948-1950 errichtete Kalker Kapelle, die dritte an diesem Standort. Bei der Gestaltung des Rathauses war sich Böhm dieses markanten gegenüberliegenden Ensembles bewusst und setzte ihm einen Entwurf entgegen, der mit dem Material Backstein und dem im Straßenverlauf weithin sichtbaren Turmmotiv mit seinem skulpturalen Abschluss den bewussten Anschluss sucht. Dabei ergab sich der Turm zunächst aus einer Nebenfunktion, da ein Nottreppenhaus unterzubringen war, das mit einer an einen Wendelstein erinnernden Gestaltung souverän aufgewertet wurde. Der Backstein lässt noch eine weitere Assoziation zu, nämlich zu den in Köln-Kalk prägenden Industriebauten, von deren Architektur auch die Stahl-Fachwerkkonstruktion der Glaspyramide über der zentralen Halle abgeleitet erscheint.
Eine städtebauliche Aufwertung gelang Böhm durch das urbane Motiv des Arkadengangs, auch die Ausgestaltung der von drei Straßen gebildeten Kreuzung zu einem kleinen Platz bereichert den öffentlichen Raum. Ein kleiner viergeschossiger Stützenerker am Hauptgebäude betont die Hauptzugangsseite. Er ist vollständig mit Backstein verkleidet. Backstein mit kleinen Farbakzenten, rot glasierte und anthrazitfarbene Ziegel, prägt auch die Rundstützen und den Turm. Die Backsteinflächen der Obergeschosse gehen nach oben hin in eine Glas-Metall-Verkleidung über, was mit der gleichzeitigen Überführung des Grundrisses vom Vier- zum Sechseck zu einer Auflösung der massiven Wirkung führt. Konsequent geht die Fassade am Ende in eine flache Glaspyramide über, die den innenliegenden Platz bzw. die zentrale Halle überfängt.
Die zentrale gebäudehohe und lichte Halle ist als Innenplatz gestaltet und wird von umlaufenden Balkonen bzw. Galerien geprägt. Sie enthält Treppe und Aufzüge und erschließt den gesamten Komplex. Betritt man das Innere, wird man in die Diagonale gelenkt. Der Weg führt nach links zur Stadtteilbibliothek, während in der schrägen Achse ein Hof folgt und dahinter der tief in das Grundstück reichende rückwärtige Flügel, wo sich u.a. Vortrags- und Seminarräume befinden.
Das Innere nimmt das Thema der Farbakzente vom Äußeren auf und führt es flächig fort, vor allem mit den in kräftigen Farben gefassten Wänden, den Rundstützen und Architekturgliederungen sowie dem sattrosa gefärbten Estrich. Die Wände der Galerien in der Halle sind mit Reproduktionen von Böhms Architekturzeichnungen zu diesem Projekt bereichert. Auch die Stahlspindeltreppe mit ihrem durchbrochenen Kernzylinder hat besondere künstlerische Qualität.
Mit dem Bezirksrathaus gab Gottfried Böhm dem lange vernachlässigten Stadtbezirk Kalk ein neues politisches und gesellschaftlich-kulturelles Zentrum. Die aus der Architekturtradition aufgegriffenen, teils von eigenen und fremden Werken zitierten Motive wie Turm, Arkadengang und Lichthof mit gläsernem Pyramidendach sind gleichsam in der richtigen Dosierung und Dimensionierung eingesetzt, um ein stimmiges Gesamtbild zu ergeben, das den Ortsbezug und den historischen Zusammenhang aufnimmt.
Das abwechslungsreiche, vielräumige Innere dieses Baus spiegelt sich im Äußeren als plastische Architektur, die Motive der historischen Stadt verarbeitet und Lust darauf machen soll, gerade die öffentlichen zugänglichen Räume zu durchschreiten und zu nutzen. Damit schlägt Böhms Bezirksrathaus einen ganz anderen Ton an als viele vergleichbare Bauten, die noch in den 1970er Jahren als eher nüchterne Verwaltungs- und Funktionsarchitektur entstanden waren. Auch wenn der Entwurf nicht vollständig ausgeführt wurde (beispielsweise eine Galeriepassage), handelt es sich um einen qualitätvollen Komplex.
Aufmerksamkeit verdient auch das von Gottfried Böhms Sohn Paul geplante Wohn- und Geschäftshaus, das 1995-1998 gegenüber dem Bezirksrathaus errichtet wurde und beispielsweise durch das Material Backstein und die kunstvolle Treppenanlage im Inneren den direkten Bezug herstellt.