Ende der 1920er Jahre entstand in Schildgen, einer aus zahlreichen Weilern und einzelnen Höfen zusammengewachsenen Ortschaft, ein erster Kirchenbau. Für diesen konnte eine ehemalige Maschinenhalle einer nahen Sprengstofffabrik genutzt werden, die nach der Schließung der Produktion in Schlebusch überflüssig wurde. Die kleine Halle mit Stahltragwerk und basilikalem Querschnitt kam jedoch spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg an seine Grenzen, als das Gebiet im Umland von Leverkusen und Köln einen massiven Bevölkerungszuwachs erlebte.
Nachdem die Kirchengemeinde 1952 zunächst ein neues Pfarrhaus errichten ließ, strebte sie anschließend auch den Neubau eines größeren Kirchengebäudes auf dem Nachbargrundstück an, das 1956 erworben werden konnte. Planung und Realisierung des Neubaus übernahm Gottfried Böhm, der das Projekt nach dem Tod des Vaters Dominikus über die Entwurfsplanung 1957 und den Baubeginn 1959 bis zu seiner Fertigstellung 1960 begleitete. Parallel entstand auf dem Katholischen Waldfriedhof in Schildgen eine Kapelle nach Gottfried Böhms Entwurf, die schon 1959 eingesegnet werden konnte.
Die Gestalt der Kirche Herz Jesu weicht in vielerlei Hinsicht von den populären Vorstellungen von Kirchenbauten ab, was sich als erstes bereits im Städtebau äußert. So wird das Kirchengebäude zunächst als langgestrecktes und flaches Gebilde entlang der vielbefahrenen Hauptverkehrsstraße durch den Ort wahrgenommen, ohne dass er viel Wirkungsraum in Anspruch nimmt. Im Gegenteil: der alltägliche Straßenverkehr rückt sogar mit einem Parkstreifen unmittelbar an die Kirchenmauer heran.
Mit seiner geringen Höhe nimmt der Baukörper dabei den Maßstab der unauffälligen Nachbarbebauung auf und vermeidet es, sich in den Vordergrund zu drängen. Hinter voluminösem Bäumen, die in der warmen Jahreszeit den Blick auf die Kirche stark verstellen, ist meist nur die lange Betonmauer mit wenigen Öffnungen parallel zur Straße zu erkennen. Innerhalb dieser äußerst massiv erscheinenden Mauer mit grober Körnung des Betons zeigt eine eingelassene Toröffnung den Hauptzugang der Kirche an, welche mit schwarz lackierten Gittertüren, einem zinnenartigen Sturz und einem auf der Mauer reitenden Kegeltürmchen-Aufsatz fast schon das Bild einer Verteidigungsanlage entstehen lässt. Allein eine Reihe bescheidener Rechteckfenster mit großem Abstand zum Eingang, ein in die Wand eingelassenes Betonrelief der Arche Noah sowie eine Heiligenfigur in einer Nische des Türmchenaufsatzes lassen auf die Nutzung hinter der Mauer schließen.
Auf den ersten Blick macht es den Eindruck, das Gebäude wolle sein Inneres gegen feindliche Einflüsse von außen beschützen. Nur mit etwas Abstand ist zu sehen, wie die Mauer von vier weiteren spitzen Kegeltürmen unterschiedlicher Höhe und Breite überragt wird. Sowohl die Mauerkrone, welche mit einem durchlaufenden ornamentalen Reliefband akzentuiert wird, als auch die Kegeltürme sind mit Blechen verkleidet, die den darunterliegenden Beton schon seit einigen Jahrzehnten vor der Witterung schützen müssen.
Beim Betreten des Eingangstors wird gleich verdeutlicht, dass es sich nicht nur um eine alleinstehende Kirche, sondern einen ganzen Gemeindekomplex handelt. Gottfried Böhm ließ den Kern des alten Kirchengebäudes als Pfarrsaal bestehen und ordnete seinen Neubau im rechten Winkel dazu an. Die von außen so dominante Betonmauer verbindet dabei altes und neues Kirchengebäude mit dem angrenzenden Pfarrhaus und lässt einen Innenhof entstehen. In dessen Mitte steht der Glockenturm als freistehender Beton-Campanile und auf seiner rechten Seite zeigt sich die Fassade des Kirchenraums.
Im Gegensatz zur geschlossen und abweisend wirkenden Außenmauer ist der hofseitige Zugang zur Kirche transparent verglast und zeigt sich leicht und offen. Das zwischen Hof und Innenraum angeordnete Atrium mit dreiseitigem Umgang nimmt zum einen die Funktion der Taufkapelle auf und vermittelt zum anderen als Filter zwischen dem noch halböffentlichen Hofbereich und der Zurückgezogenheit des innersten sakralen Bereichs. Die gusseisernen Stützen, die schon im Atrium zum Tragen kommen, werden auch im eigentlichen Innenraum eingesetzt und ermöglichen den offenen und zugleich simpel wirkenden Raum mit flacher Decke. Während die zum Atrium orientierte Wand mit Ausnahme der Beichtkapellen aus Beton auch hier vollständig aus Glas besteht, scheinen durch die in den Außenwänden angeordneten kleinformatigen Fenster mit bunten Glasmotiven nur wenige Sonnenstrahlen.
Die relative Dunkelheit im äußerst schlicht gehaltenen Kirchenraum unterstützt damit die Wirkung des Altarbereichs. Mit einem durch die Raumdecke gehobenen Beton-Baldachin markiert, fällt dort durch ein ornamental geformtes Lichtband ein heller Schein in den Innenraum als Botschaft der Transzendenz. Über zentralen Punkten der Kirche wie dem Altar, den zwei Beichtkapellen, der Taufkapelle und der Kapelle des Glockenturms erheben sich indes Zylinder und spitze Kegel in die Höhe und tragen ihre liturgische Bedeutung auch sichtbar nach außen.
Gottfried Böhm selbst gab keine eindeutige Erklärung zu seiner Formgebung ab, außer, das er in den Sandburgen seiner Kinder eine Inspiration fand, lieferten jedoch viele Autoren zahlreiche Erklärungsansätze. Der vorliegende Typ des „sakralen Hofhauses“, den Böhm unter anderem auch in Oberhausen und Kierspe verwendete, stellt symbolisch die Verbindung zu frühchristlichen Gemeinden her, die den Gottesdienst in ihren Hauskirchen feierten, weswegen Böhm mit der Raumaufteilung der Kirche die Typologie des antiken Peristylhauses zitiert.
Ebenso erinnern die zahlreichen Türme über der langen horizontalen Mauer an die Utopie des himmlischen Jerusalems und damit an ein Zeichen der Hoffnung nach der Katastrophe des Krieges und der Diktatur. Insbesondere aufgrund der wiederholt am Bauwerk verwendeten Ornamentik wird außerdem auf orientalische Karawansereien als Inspirationsquelle verwiesen, deren nach außen hin abgeschotteten Räumlichkeiten sich um einen Innenhof gruppierten, aber nicht notwendigerweise eine Vielzahl an Türmen aufwiesen. Trotz der Wahrnehmung als nach innen gekehrter Anlage sollte der enge Bezug zur Umgebung nicht übersehen werden, in die sich die Kirche als bewusst artikuliertes Zentrum sensibel integriert.
Die starke Einbindung in den lokalen Kontext unterstreicht dabei wiederum das Motiv der frühchristlichen Hauskirche. In einem Detail soll Gottfried Böhm zudem eine besondere persönliche Note in den Kirchenbau eingebracht haben: Der aus einem Fenster seiner Arche blickende Noah aus dem Betonrelief der Eingangsfassade trägt deutlich erkennbar die Gesichtszüge Dominikus Böhms.