Obwohl Bensberg bereits seit dem 16. Jahrhundert ein eigenes Gemeindegebiet darstellte, verfügte die Verwaltung auch zum Zeitpunkt der Stadtwerdung 1947 nicht über ein repräsentatives Rathaus. Der Stadtrat fasste daher bereits 1955 den Grundsatzbeschluss, ein neues Rathaus zu bauen. Bezüglich des Standorts wurde der lokale Architekt Bernhard Rotterdam mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, welches im Jahr 1960 eindeutig das sogenannte „Alte Schloss“ für die Unterbringung des Rathauses empfahl. Bei dieser historischen Anlage handelte es sich um die Keimzelle des Ortes Bensberg, die im 12. Jahrhundert erstmals schriftlich erwähnt worden ist und sich im Laufe der Geschichte von einem Verteidigungsbauwerk zum saisonalen Aufenthaltsort der Herren von Berg wandelte.
Nach Zeiten des Verfalls befand sich dort ab 1867 ein Hospital, das jedoch 1958 in einen modernen Neubau der Architekten Peter Poelzig und Werner Sifrin umzog. Dem Gutachten folgend, kaufte die Stadt Bensberg das Areal und lobte 1962 einen ambitionierten Ideenwettbewerb aus, an dem neben Gottfried Böhm und Bernhard Rotterdam auch andere namhafte Architekten wie Karl Band, Oswald Mathias Ungers, Peter Poelzig, Emil Steffann und Hans Schilling teilnahmen. Überzeugt hat Gottfried Böhm die Jury, indem er die lange zurückreichende Geschichte der Stadt mit ausdrucksstarker moderner Baukunst am besten verband, ohne dabei ins Historisierende abzugleiten. In einem ersten Bauabschnitt wurde zwischen 1965 und 1967 der neue Verwaltungsbau errichtet. Mit dem Ratssaal fand das Bauwerk anschließend seinen Abschluss in einem zweiten Bauabschnitt, der zwischen 1967 und 1971 in enger Auseinandersetzung mit dem mittelalterlichen Bestand realisiert worden ist.
Der Hauptzugang zum Rathaus erfolgt über den vorgelagerten Wilhelm-Wagener-Platz, dessen Ansicht vom Ausdruck der mittelalterlichen Fragmente der alten Burganlage aus Bruchsteinmauerwerk dominiert ist. Beginnend mit dem aufragenden Bergfried schweift der Blick über die hohe und weitgehend geschlossene Palaswand zu zwei kleineren Türmen, die eine Torsituation zum Innenhof des Rathauses ausbilden. Letzterer wird durch die umgebenen Gebäudeteile als verzogenes Oval definiert, das den alten Grundriss der Burganlage nachzeichnet und lebendig hält. Auf der Westseite des Hofs erblicken Besucher die transparent gedachte Stahl-Glas-Fassade des Ratssaals. Anschließend erstreckt sich der moderne Verwaltungsbau mit seiner Fassade aus in Handarbeit gestocktem Beton in einer weit umarmenden Geste in nördlicher und östlicher Richtung. Im Süden wird der relativ stark abfallende Innenhof durch die Reste der mittelalterlichen Burgmauer begrenzt. Optische Dominante und Haupteingang an der höchstgelegenen Stelle im Hof ist der mächtige Erschließungsturm des Verwaltungstrakts, der im Norden aus der Gebäudemasse heraus in den Hof hineinragt. Im hoch aufstrebenden und sich leicht verjüngenden Treppenkörper aus Beton ist die gewendelte Treppe im Inneren durch eingeschnitten wirkende Glasbänder ohne Rahmen auch für Außenstehende ablesbar.
Bekrönt wird der Turm durch eine Architekturskulptur, die an einen Kristall oder schroffe Felslandschaften erinnert. Das verglaste Erdgeschoss zwischen Ratstrakt und Erschließungsturm bildet ein Foyer für Besucher des Ratssaals, das sich ohne schwere Stützen in der Fassadenebene als offene Eingangszone akzentuiert. In zahlreichen Faltungen sowie Vor- und Rücksprüngen bewegt sich der Verwaltungstrakt ostwärts fort und verringert durch eine kontinuierliche Staffelung der Geschosse seine Höhe. Auf diese Weise stellt er sich als beinahe der Natur entsprungene Form dar, die dem gegebenen Verlauf der Topographie folgt. Trotz der durchgehenden Verwendung von schwerem Beton vermittelt die Ansicht durch diese dynamische Formgebung den Eindruck von Leichtigkeit und Bewegung. Die steinerne Ästhetik des Bauwerks, welche zwischen historischem Mauerwerk und modernem Beton changiert, wird einzig durch die schwarzen Metallrahmen der durchlaufenden Fensterbänder kontrastiert, die in ihren tiefen Laibungen für eine horizontale Gliederung des Baukörpers sorgen.
Als charakteristische Innenräume sind besonders der Ratssaal sowie der zentrale Erschließungsbereich am Treppenturm zu nennen. In Letzterem sorgen der auch im Inneren vorrangig verwendete gestockte Sichtbeton sowie der steinerne Bodenbelag dafür, dass die äußerliche Burgästhetik nahtlos ins Innere fortgeführt und so die Wahrnehmung als öffentlicher Raum unterstützt wird. Wie die Fenster in der Fassade kontrastieren hier schwarz lackierte Türen die Farbe und Haptik des rauen Betons. Hohe Lufträume durchdringen zudem die einzelnen Ebenen des Gebäudes am Knotenpunkt des Erschließungsbereichs und ermöglichen ergänzend zur Treppen- und Aufzugsanlage die visuelle und auditive Wahrnehmung über verschiedene Geschosse hinweg.
Zwischen Turm und Ratssaal übernimmt der an die hofseitige Fassade gerückte Erschließungsgang die Funktion eines zusätzlichen Foyers, das mit Sitznischen und Garderobe als Warte- und Pausenbereich für Besucher des Ratssaals dient. Wie schon die äußere Gestalt der Gesamtanlage ist auch der hinter der Fuge zum 2. Bauabschnitt liegende Ratssaal durch die Gegenüberstellung von Historie und Moderne geprägt. Während die Gäste im Saal durch große Glasscheiben hinaus in den Hof blicken, stehen sie mit dem Rücken zur mittelalterlichen Palaswand. In dieser sind auf Höhe einer eingezogenen Stahlempore mehrere Rundbogenfenster eingelassen, die nach archäologischen Funden im Zuge der Bauarbeiten Ende der 1960er Jahre rekonstruiert worden sind. Als ein Zeichen der fortgeschrittenen Bauzeit findet sich mit einem gelb-braunen Stoffbezug an der Saaldecke und Teilen der Wände bereits ein Botschafter der 1970er Jahre. Besonders zu beachten sind im gesamten Innenraum Details wie in den Beton eingelassene Schalter oder Leuchten, die eine äußerst hohe handwerkliche Qualität aufweisen und die extreme Bearbeitungstiefe des Architekten verdeutlichen.
Zentraler Entwurfsgedanke ist die Gegenüberstellung von Historie und Moderne, welche sich gleichsam kontrastieren und ergänzen. In seiner Erscheinung hebt sich das Rathaus Bensberg damit sehr stark von der zeitgenössischen Vorstellung eines modernen Verwaltungsbaus ab. Die äußerst komplexe Formgebung, die sinnliche Erfahrbarkeit der Materialien und der selbstbewusste Umgang mit Erbschaften aus der Vergangenheit zeugen zum einen von der besonderen Bearbeitungstiefe auf der Seite des Architekten und zum anderen vom Willen der damaligen Stadt Bensberg, das Außergewöhnliche möglich zu machen.
Gottfried Böhm schuf mit seinem Entwurf nicht nur ein Rathaus, sondern legte damit auch die Grundlage für ein neues Selbstbild der Stadt: Stolz auf die historischen Fundamente und Mut für den Blick in die Zukunft, symbolisiert durch das Gegenüber von Bergfried und Betonskulptur. Das Rathaus Bensberg ist ein Hauptwerk Gottfried Böhms, das neben der Wallfahrtskirche in Neviges als eines der wichtigsten Exponate seines Betonexpressionismus der 1960er Jahre gilt. Im skulpturalen Abschluss des Rathausturms wird darüber hinaus Böhms Befähigung zum Bildhauer ganz besonders deutlich. Ebenso zeigt seine „Bürgerburg“ auf beispielhafte Weise, wie er historische Bausubstanz wertzuschätzen und mutig weiterzudenken wusste.